Sechs Parteien entsandten Vertreter und Vertreterinnen zur Podiumsdiskussion am vergangenen Donnerstag, zu der die Schülervertretung der Gesamtschule Reichshof im Vorfeld der Bundestagswahl im September eingeladen hatte. Für die SPD konnte Michaela Engelmeier, MdB, auf Grund einer Dienstreise zwar nicht teilnehmen, wurde jedoch vom langjährigen Mitglied des deutschen Bundestages Friedhelm Julius Beucher vertreten. Mit Ingeborg Mohr-Simeonidis (Die Linke), Dr. Carsten Brodesser (CDU), Jörg Kloppenburg (F.D.P.) und Michael Braun (Bündnis 90/Die Grünen) saßen aber diejenigen Kandidaten auf dem Podium, die sich um ein oberbergisches Mandat für den Bundestag bewerben. Für die AfD nahm Dietmar Rekowski teil.
Nach der Begrüßung der Gäste durch Hendrik Müller und Miriam Fuchs von der Schülervertretung führten die Moderatoren Patrick Hannes (Jg. 10), Niklas Rhode (Q1) und Matheus Oliveira de Paula (EF) souverän durch die 90-minütige Veranstaltung. Deren Publikum setzte sich aus gut vorbereiteten Schülerinnen und Schülern der SoWi-Kurse der gymnasialen Oberstufe der Gesamtschule Reichshof zusammen. Anwesend waren auch Mitglieder einer Delegation aus der Volksrepublik China, die die Gesamtschule Reichshof besuchte.
Die Leitfragen „Warum soll unsere Altersgruppe Ihre Partei wählen? Was tun Sie für unsere Interessen?“ wurden anhand verschiedener Politikfelder abgehandelt. Schon beim ersten Themenblock, Europa und Populismus, zeigten sich Kontroversen. Während die Mehrheit der Politiker die Bedeutung der EU als Friedenswerk hervorhoben, distanzierte sich die AfD vom Projekt Europa als einer Ansammlung „verschiedener, miteinander unvereinbarer Volkswirtschaften“, was den energischen Widerspruch Friedhelm Julius Beuchers hervorrief: „Das Wort Frieden in den Mund nehmen und das Holocaust-Denkmal unwidersprochen als Schande zu bezeichnen, passt nicht zusammen!“ Annäherungen zeichneten sich hinsichtlich der Ablehnung einer derzeitigen Fortsetzung der Verhandlungen zum Beitritt der Türkei in die EU ab.
Im Bereich Innenpolitik kamen unterschiedliche Positionen etwa mit Blick auf die Abschiebungspraxis am Beispiel jüngster Abschiebungen gut integrierter Menschen zum Ausdruck. Während Jörg Kloppenburg auf die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien pochte, verlangte Michael Braun eine strikte Unterscheidung von Alt- und Neufällen. – Beim Rentenproblem „müssen wir alle vorsorgen, eine Zauberformel hat keiner; da müssen wir parteiübergreifend zusammen arbeiten“, meinte Dr. Brodesser. Jörg Kloppenburg trat für eine Freigabe des Renteneintrittsalters ein. Demgegenüber betonte Friedhelm Julius Beucher, das Rentenniveau dürfe nicht weiter abgesenkt und prekäre Beschäftigungen müssten verhindert werden. Ingeborg Mohr-Simeonidis vertrat die These, der Mindestlohn sei zu erhöhen und koste keine Arbeitsplätze, was Dr. Brodesser bestritt: „Besser eine gering entlohnte Arbeit als gar keine“. Jörg Kloppenburg will das Problem den Tarifpartnern überlassen.
Einig waren sich die Diskutanten hinsichtlich der nachhaltigen Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs in Oberberg gerade im Interesse der Jugendlichen. Einigkeit herrschte auch in Sachen Breitbandausbau in Oberberg, wobei sich der AfD –Vertreter nicht ganz informiert über die aktuelle Sachlage im Kreis zeigte.
Im Bereich der Bildungspolitik wandte sich Jörg Kloppenburg gegen die bisherige, „ideologisch verbrämte“ Umsetzung der Inklusion. Gegen diese Formulierung wandte sich Friedhelm Julius Beucher: „Inklusion hat Verfassungsrang!“ Annäherungen zeigten sich indessen in der Frage nach einer Reform des Föderalismusprinzips im Bildungsbereich, Kooperationsvereinbarungen zwischen Bund und Ländern auch im investiven Bereich müssten angestrebt werden.
Umweltpolitisch waren sich die Politiker der derzeit im Bundestag vertretenen Parteien einig in der Notwendigkeit des Umstiegs auf Elekro-Mobilität. „Bei den E-Autos hat die Autoindustrie geschlafen“, meinte Friedhelm Julius Beucher.
Am Ende der Veranstaltung dankte Schulleiterin Barbara Horvay den Gästen und den Schülerinnen und Schülern für die engagierte Diskussion und den SV-Lehrkräften für die Hilfe bei der Vorbereitung.