Schülerinnen und Schüler rekonstruieren Fall eines Eckenhagener NS-Verfolgten

Manfred Huppertz, Leiter des Kreisarchivs des Oberbergischen Kreises, besuchte die Schülerinnen und Schüler eines Geschichtskurses der Jahrgangsstufe Q2. Der Archivar gab aufschlussreiche Einblicke in die Aufgaben eines Archivs und holte mit einem anschaulichen Vortrag zum Thema „Der Oberbergische Kreis im Nationalsozialismus – ein Landkreis wie jeder andere?“ die Geschichte des Nationalsozialismus in die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler.

Der Referent war von den Geschichtslehrern Florian Kalk und Hendrik Holzmüller eingeladen worden, um die Ergebnisse einer Quellenanalyse zu diskutieren, die die Schülerinnen und Schüler in der vorangegangenen Stunde geleistet hatten. Sie werteten dafür Archivmaterial aus dem Kreisarchiv aus. Im Fokus stand dabei die Rekonstruktion des Schicksals zweier Verfolgter des Naziregimes.  Besonderes Interesse weckte der Fall des Eckenhagener Friseurmeisters Wilhelm Stodiek, dessen Schicksal durch einen zufälligen Aktenfund im Kreisarchiv nun erstmals genauer beleuchtet werden konnte: 

Stodiek war im Jahr 1941 mit seiner Familie nach Eckenhagen gezogen und betrieb mit großem Erfolg ein Friseurgeschäft, das nur wenige Meter von der heutigen Gesamtschule entfernt gewesen sein dürfte. Trotz mehrfacher Aufforderungen der Behörden hat es Stodiek nicht unterlassen, sich gegenüber seinen Kunden in sehr kritischer Weise über die NS-Regierung zu äußern. Offenbar hat sich der Mann nicht den Mund verbieten lassen und sich durch seine systemkritische Haltung auch mit hohen Parteifunktionären der NSDAP angelegt. Stodiek beschreibt sich selbst als unpolitischen Menschen und als „kleinen Dorffriseur“, „der mal meckert“, dennoch wurde er 1944 in Berlin durch den sogenannten ‚Volksgerichtshof‘ zum Tode verurteilt und hingerichtet. 

Die Arbeit des Kurses zeigt, dass auch im Oberbergischen ein Bedarf an Aufarbeitung von Lebensläufen besteht, die mit der Zeit des Nationalsozialismus verbunden sind, und dass die Auseinandersetzung mit der Geschichte eine bleibende Aufgabe der jüngeren Generation darstellt.